Horizonte erweitern und Kontakte knüpfen

Shutterstock

Andere Wissensinhalte kennenlernen und internationale Netzwerke aufbauen: Informatikerinnen und Informatiker profitieren von Forschungsaufenthalten

Das neue Stipendienprogramm IFI (Internationale Forschungsaufenthalte für Informatikerinnen und Informatiker) ermöglicht jungen Informatikerinnen und Informatikern – Postdoktoranden, Promovierenden und Masterstudierenden – Forschungsaufenthalte im Ausland. Postdoktoranden erhalten dabei die Möglichkeit, in Kooperation mit den IFI-Partnerinstituten in den USA, Japan, Israel, der Republik Korea und Kanada zu forschen. Wie wichtig eine solche Erfahrung ist, berichten Professorin Paula Herber und Professor Bela Gipp. Beide haben am Vorgängerprogramm FITweltweit teilgenommen. Das Stipendium hat ihre Karriere entscheidend gefördert.

„Für mich war das FITweltweit-Programm das perfekte Paket“, sagt Professorin Paula Herber (37), die heute an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster am Institut für Informatik lehrt. Nach ihrer Promotion an der Technischen Universität Berlin bewarb sich die gebürtige Kölnerin für das FITweltweit-Programm des DAAD und forschte dank des Stipendiums ein Jahr lang am International Computer Science Institute (ICSI) in Berkeley, Kalifornien. „Ich habe dort eine völlig andere Arbeitskultur kennengelernt und durfte mit Wissenschaftlern wie Krste Asanović, David Patterson und Sanjit Seshia zusammenarbeiten, die zu den Spitzenforschern in der Prozessorarchitektur und der Hardware-Verifikation gehören.“ Der Aufenthalt in den USA stellt einen wichtigen Schritt in der Karriere von Paula Herber dar: „Es war mein erster Auslandsaufenthalt als Wissenschaftlerin und hat mir einen völlig neuen Blick auf andere Kulturen und andere Wissensinhalte eröffnet. In dieser Zeit habe ich viel kennengelernt.“ Dazu gehörten auch digitale Werkzeuge und Modelle, mit denen sie heute noch arbeitet, um Beweise und Verifikationen für sogenannte eingebettete Systeme (embedded systems) durchzuführen, die beispielsweise in Antiblockier-Systemen von Autos oder in der Robotik bei Operationen angewendet werden. „Das ist auch ein Grund, warum ich heute noch Kontakt zu Sanjit Seshia habe“, sagt Herber, die nach ihrer Zeit in Berkeley nach Berlin zurückkehrte und dort am Institut für Softwaretechnik und Theoretische Informatik der Technischen Universität Berlin ein Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft geleitet hat, bevor sie im Oktober 2018 den Ruf nach Münster annahm.

Paula Herber

DAAD/privat

Professorin Paula Herber während ihres Auslandsaufenthalts in Kalifornien. Heute lehrt sie am Institut für Informatik an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

Ein internationales Netzwerk aufgebaut
„Dank FITweltweit arbeite ich heute noch mit Menschen zusammen, die meine Arbeit nachhaltig beeinflussen“, sagt Herber, die dem DAAD nun als Mitglied im wissenschaftlichen Beirat von IFI weiterhin verbunden ist. Das neue Stipendienprogramm IFI (Internationale Forschungsaufenthalte für Informatikerinnen und Informatiker) hat FITweltweit abgelöst. Neben dem ICSI in Berkeley/USA und dem National Institute of Informatics (NII) in Japan sind nun auch das Mila (Quebec Artificial Intelligence Institute) in Montreal, das Vector Institute in Toronto, die Graduate School of Data Science der Seoul National University (SNU) und die Pohang University of Science and Technology (POSTECH) in Südkorea sowie das Technion – Israel Institute of Technology in Haifa Kooperationspartner von IFI. Ziel des Programms ist es, Nachwuchsforscherinnen und Nachwuchsforschern der Informatik und benachbarter Fächer für eine wissenschaftliche Karriere und für eine internationale Kooperation zu begeistern. „Das ist besonders für Informatiker eine sehr wichtige Erfahrung. Sie haben grundsätzlich die Einstellung, dass Forschungsreisen nicht wichtig seien. Der Bedarf wird leider oftmals nicht gesehen“, sagt Herber. „Dabei ist ein internationales Netzwerk in der Informatik wichtig für den Wissenschaftsstandort und damit auch für den Industriestandort Deutschland.“

Eine neue Kultur kennengelernt
Das ist auch ein Grund, warum Professor Bela Gipp (38) in seiner Fakultät an der Bergischen Universität Wuppertal intensiv für das IFI-Programm wirbt und seine Masterstudierenden sowie seine Doktoranden und Postdocs dazu motiviert, für sechs Monate am NII in Tokyo zu forschen. „Das neue Programm ist einfach toll. Es bietet ein einmaliges Erlebnis und viele Möglichkeiten, Neues zu kennenzulernen“, sagt der Informatik-Professor. Er selbst war von 2014 bis 2015 ein Jahr lang FITweltweit-Stipendiat am NII – und das eher durch einen Zufall: Nach fünf Jahren in Berkeley war sein Visum abgelaufen, eine Verlängerung nicht möglich. Deswegen bewarb sich der Postdoktorand beim DAAD für ein FITweltweit-Stipendium. „Das ging alles sehr schnell und unkompliziert“, erzählt Gipp. In Tokyo erlebte er eine komplett andere Kultur als in Deutschland oder den USA – mit vielen Höflichkeitsformen und einem anderen Selbstverständnis im Miteinander. „Meine Frau konnte sogar nachts joggen, weil sie keine Kriminalität befürchten musste.“

Bela Gipp

DAAD/privat

Informatik-Professor Bela Gipp lehrt an der Bergischen Universität Wuppertal und motiviert seine Masterstudierenden, Doktoranden und Postdocs, am IFI-Programm teilzunehmen

Die wissenschaftliche Karriere gefördert
Auch wissenschaftlich erlebte Gipp ein sehr spannendes Jahr. „Ich hatte die Chance, in der Arbeitsgruppe von Professor Akiko Aizawa mitzuarbeiten und mich auf den Bereich Information Retrieval zu konzentrieren“, berichtet Gipp, der in seiner Promotionsarbeit ein Softwaresystem für die semantische Dokumentenanalyse entwickelt hat, das im Bereich der Plagiatserkennung angewendet wird. Noch heute arbeitet Gipp mit Aizawa zusammen: „Inzwischen haben wir sogar gemeinsam Aufsätze publiziert.“ Aufgrund seiner persönlichen Kontakte weiß Gipp auch seine Studierenden und Doktoranden am NII in guten Händen: Bereits 15 Studierende und Mitarbeitende seines Lehrstuhls sind nach Japan gereist, darunter auch Anastasia Zhukova, die für ihre Masterarbeit mit dem Women’s STEM Award 2019 der Deutschen Telekom ausgezeichnet wurde. Dafür hatte sie am NII geforscht. „Das zeigt auch, welche langfristigen Auswirkungen das FITweltweit-Programm hat“, sagt Gipp. „Der DAAD hat dadurch meine wissenschaftliche Karriere entscheidend gefördert. Nach meinem Stipendium in Japan wurde ich Juniorprofessor in Konstanz. Jetzt motiviere ich an der Bergischen Universität Wuppertal Masterstudierende, Promovierende und Postdocs dazu, denselben Schritt zu tun und sich für das neue IFI-Programm zu bewerben. Denn neben den USA und Japan kann man jetzt auch in Israel, Kanada oder der Republik Korea forschen. Und das sollte für jeden Informatiker ein tolles Angebot sein.“

Michael Siedenhans (20. August 2019)

Stipendienprogramm IFI (Internationale Forschungsaufenthalte für Informatikerinnen und Informatiker)

Interessant für: Masterstudierende, Promovierende und Postdocs
Masterstudierende und Promovierende können ihr IFI-Stipendium weltweit in selbstgewählten Laboren an Universitäten, Forschungsinstituten oder Wirtschaftsunternehmen nutzen.

Postdoc-Forschungsaufenthalte sind im Programm IFI an folgenden Instituten möglich:
USA: International Computer Science Institute (ICSI) in Berkeley
Japan: National Institute of Informatics (NII) in Tokyo
Israel: Technion Haifa − Israel Institute of Technology in Haifa
Kanada: Quebec Artificial Intelligence Institute (Mila) in Montreal und Vector Institute in Toronto
Republic Korea: Seoul National University (SNU) Graduate School of Data Science in Seoul sowie Pohang University of Science and Technology (POSTECH) in Pohang

Weiterführende Informationen

Hier geht's zu den Ausschreibungen des Programms IFI:
Postdoktoranden
Doktoranden
Masterstudierende